Das Volk der Gedeo in Südäthiopien nutzt das Land in Stockwerken. Ihr Agroforstsystem ist so speziell, dass es die UNESCO als Welterbe ausgezeichnet hat.
Liebe Leserin, lieber Leser
«Der Wald ist unser Leben», sagen die Menschen im Bezirk Raphe, unserem neuen Projektgebiet. Die Waldgärten gibt es seit Jahrhunderten, ähnlich den traditionellen Wirtschaftssystemen in den Alpen. Uns erscheinen die Menschen in Raphe durchaus als «Schweizer Äthiopiens»: Sie gehören dem Volk der Gedeo an, in ganz Äthiopien ist es als friedliebend bekannt. Streit wird nicht mit Gewalt, sondern im Kreis der Ältesten gelöst. Ausgleich und Dialog prägen die Mentalität. Ihre Arbeitsmoral beeindruckt. Die Hänge in ihrer bergigen Heimat sind steil, alle Bewirtschaftung geschieht in Handarbeit.
Doch das bewährte Agroforst-System kommt an seine Grenzen. Denn die Bevölkerung wächst rasant: Es gibt schon viele junge Familien, die keine Waldgärten mehr besitzen.
Um ihre Ernährung zu sichern, setzt Menschen für Menschen deshalb nicht nur auf die Förderung der Landwirtschaft. Wir bieten Alternativen, vor allem im Kleinhandel, mit Schulungen und Startkapital. Besonders fördern wir die Frauen.
Junge Paare klagten darüber, dass sie bislang oft keinen Zugang zu Verhütungsmitteln hatten. Wir sorgen jetzt dafür, dass sie in den staatlichen Gesundheitsstationen immer vorrätig sind. Damit die Familien nur die Zahl an Kindern bekommen, die sie sich wünschen. Und das Land und der Wald wieder alle Menschen ernähren kann.
Im Waldgarten
Wunderbarer Wald: Ohne Kunstdünger oder künstliche Bewässerung holen die fleissigen Bauern auf kleinen Flächen im Agroforst erstaunlich viel heraus.
Hohe Bäume (bis 35 Meter)
Baumriesen liefern Bau- und Feuerholz. Ihre Blätter düngen den Boden. In ihrem Geäst hängen Bienenkörbe. Ihre Wurzeln schützen die Hänge vor Erosion und sorgen für einen guten Wasserhaushalt.

Bodenschicht (< 1 m)
Gleichzeitig wachsen hier Gemüse für Eigenverbrauch und Marktverkauf sowie Futter für Ziegen, Schafe und Rinder. Bohnen bringen Stickstoff in den Boden ein. Organische Reste von Bäumen und Stauden ziehen Würmer, Bakterien und andere kleine Helfer an – diese machen den Boden locker und sorgen für gute Nährstoffkreisläufe.
Im Land der Gedeo
Gut behütet?
DIE BLÄTTER DER ENSETE SIND VIELSEITIG EINSETZBAR. Lebensmittel werden darin eingeschlagen, aus ihren Fasern Seile gemacht. Sehr arme Familien in Raphe haben keine Matratzen – die Blätter sind manchmal ihre einzige Schlafunterlage. Und oft dienen sie als Schirm in den Wolkenbrüchen der Regenzeit.
