Die Stiftung Menschen für Menschen Schweiz macht es sich zur Aufgabe, auf dem Land wie in den Städten Verelend- ung aufzuhalten und Lebenschancen aufzubauen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Sie die Menschen in Äthiopien unterstützen können. Hier finden Sie alle Spendenmöglichkeiten mit konkreten Beispielen.
Wiege der Menschheit, Herkunftsland des Kaffees, reiche Kultur und arme Familien. Über 100 Millionen Menschen leben hier: Auf Besuch in einem widersprüchlichen Land.
Der zehnjährige Abubeker ist für Bizuye Zemedkun der wichtigste Mensch auf der Welt: Ihr einziges Kind zu versorgen und ihm eine Zukunft zu ermöglichen, ist ihr Lebenssinn. Um dem Jungen Essen, Nahrung und Unterkunft bieten zu können, musste die Mutter lange Jahre ihren Körper verkaufen. Doch damit ist jetzt Schluss. Menschen für Menschen Schweiz wies Bizuye einen Ausweg aus der Armutsprostitution. Künftig arbeitet sie als Mitbetreiberin eines sogenannten WASH-Cafés.
Als Bizuye mit dem kleinen Abubeker von ihrem Ehemann sitzengelassen wurde, stand sie vor dem Nichts. Für eine Frau ohne Ausbildung gibt es in der Stadt Shewarobit nur sehr schlecht bezahlte Jobs. Bizuye begann als Serviererin in einer Beiz zu arbeiten. Häufig verkaufen die Bedienungen in den einfachen Lokalen in der Stadt nicht nur Bier, sondern auch ihren Körper. 500 bis 800 Armutsprostituierte soll es nach Schätzungen der Behörden in der 50‘000-Einwohner-Stadt geben. Bizuye widerstand den Aufforderungen der Gäste zum bezahlten Sex mehrere Monate lang. Doch mit dem Bierausschank verdiente sie lediglich 200 Birr im Monat, umgerechnet neun Franken – zum Sterben zu viel und zum Leben viel zu wenig.
„Ich erkannte, dass ich die Bedürfnisse meines Sohnes nicht decken konnte“, erzählt die 27 Jahre alte Frau, die Anmut und Würde ausstrahlt. „Er braucht Essen, eine Schuluniform, Hefte. Prostituierte zu werden, war eine sehr schwierige Entscheidung. Aber ich hatte keine andere Wahl.“ Für einmaligen Geschlechtsverkehr in einem der schäbigen Hinterzimmer zahlen die Kunden 50 bis 60 Birr, das sind umgerechnet rund zweieinhalb Franken. Zum Überleben brauchen Bizuye und ihr Sohn rund 25 Franken im Monat. „Ich nahm nur so viele Kunden an, wie absolut notwendig sind“, sagt Bizuye. „An vielen Abenden fühlte ich mich nicht stark genug zum Arbeiten.“ Häufig konnte sie die Anzüglichkeiten der Gäste nicht ertragen. Manchmal kam es vor, dass betrunkene Kunden kein Kondom benutzen wollten und gewalttätig wurden.
Doch all das ist Vergangenheit! Als Menschen für Menschen Schweiz in die Stadt kam, erkannte Bizuye ihre Chance. Die Stiftung brachte sie mit anderen Armutsprostituierten in einer Kooperative zusammen. Sie bekamen Unterricht in den Grundlagen von Buchhaltung und Betriebsführung und begannen kleine Beträge für die gemeinsame Kasse anzusparen. Gemeinsam betreiben sie nun das von der Äthiopienhilfe errichtete und Ende Juli eröffnete WASH-Café am städtischen Busbahnhof.
Die Abkürzung WASH steht für „Wasser, sanitäre Anlagen und Hygiene“. In einem gross angelegten Projekt verbessert Menschen für Menschen Schweiz die katastrophale Hygienesituation in der Stadt und schafft gleichzeitig Arbeitsplätze für Menschen aus den ärmsten Schichten der Bevölkerung. Knapp die Hälfte der Haushalte hat weder Toiletten noch einfache Latrinen. Die Menschen erleichtern sich in Gräben und am Fluss, der durch die Stadt fliesst. Über die Hälfte der Krankheiten, darunter auch der Befall mit Würmern und anderen Parasiten, gehen laut der städtischen Gesundheitsbehörde auf die Hygienesituation zurück. Die kleinsten Kinder leiden besonders unter der Situation.
Innovative Idee: In den Wash-Cafés kochen die Frauen mit Biogas.
Deshalb baut Menschen für Menschen in den Armenvierteln der Stadt Gemeinschaftstoiletten. Drei bis vier Familien teilen sich eine Kabine. Ausserdem baut die Stiftung Kooperativen von Abfallsammlern auf, denn bislang gibt es keine städtische Kehrichtabfuhr. Der organische Abfall wird wiederverwertet, indem er von den Kooperativen zu Briketts verschwelt wird. Daneben errichtet die Stiftung an viel frequentierten Orten WASH-Cafés. Dort können die Besucher nicht nur essen und trinken, sondern auch die Duschen und Toiletten benutzen. Die Abwässer werden in einem Tank aufgefangen. Das anfallende Biogas wird für die Küchenherde der Cafés benutzt. Sie werden von Gruppen besonders armer Frauen, darunter viele ehemalige Prostituierte wie Bizuye, betrieben: Damit wird das Sanitärprojekt gleichzeitig zu einer innovativen Massnahme der Frauen- und Wirtschaftsförderung.
„Frei zu sein von dieser schrecklichen Arbeit der Prostitution ist mir das Wichtigste “, sagt Bizuye und lächelt. „Immer plagte mich der Gedanke, dass mein Sohn Abubeker unter meinem Beruf leidet und mir irgendwann Vorwürfe macht. Jetzt kann ich ihn mit einer Arbeit versorgen, die zu mir passt.“
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