Die Stiftung Menschen für Menschen Schweiz macht es sich zur Aufgabe, auf dem Land wie in den Städten Verelend- ung aufzuhalten und Lebenschancen aufzubauen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Sie die Menschen in Äthiopien unterstützen können. Hier finden Sie alle Spendenmöglichkeiten mit konkreten Beispielen.
Wiege der Menschheit, Herkunftsland des Kaffees, reiche Kultur und arme Familien. Über 100 Millionen Menschen leben hier: Auf Besuch in einem widersprüchlichen Land.
Der Hunger kommt nicht über Nacht. Er rückt über Wochen und Monate immer näher, geduldig und unerbittlich. Jetzt ist die Angst für viele Familien in Äthiopien allgegenwärtig. Auch Fatuma Ali fürchtet das Unfassbare und Undenkbare für jede Mutter und jeden Vater: den Tod der eigenen Kinder.
„Ständig kommen sie und bitten um Essen“, sagt Fatuma Ali, 43, Mutter von drei Buben und drei Mädchen. „Mein Herz schlägt schneller, weil ich ihnen nichts geben kann. Es versetzt mir einen Stich, wenn ich Nein sagen muss. Dann richte ich schnell ein Stossgebet an Gott: Lieber Gott, bitte lass uns nicht sterben.“
Die vier Rinder der Familie im Landkreis Mille im Nordosten Äthiopiens waren schöne Tiere mit armlangen Hörnern, mit denen sie sich gegen Hyänen zu wehren wussten. Die Rinder verhungerten zuerst. Seit über zwei Jahren blieben die Niederschläge fast völlig aus. Das Gras ist schon lange vertrocknet. Nach den Rindern gingen die rund hundert Schafe ein. Dann starben die Tiere, die als Sinnbild der Genügsamkeit gelten: Kamele können lange ohne Flüssigkeit auskommen, aber ganz ohne Wasser und Futter geht es auch für sie nicht. Sie geben ein langgezogenes Brüllen von sich, wenn sie leiden. Nach und nach verstummten die fünf Kamele der Familie. Eines nach dem anderen legte sich nieder und war nicht mehr zum Aufstehen zu bewegen.
Ein totes Rind in der Savanne kurz vor Komame, dem Hauptort des Distrikts Sumirobi
Die Ziegen überleben am längsten. Sie rupfen auch noch das letzte Grün an den Zweigen der Dornsträucher ab, das die anderen Tiere nicht verdauen können. Aber auch die Ziegen waren abgemagert und schwach, als in einer Augustnacht ein Sturm über das Land fegte. Endlich öffnete der Himmel seine Schleusen, doch Segen brachte er nicht. Der Regen fiel so stark, dass er wie mit Hunderten von Fäusten gegen die Hütte der Familie schlug. Die Nomaden leben in abbaubaren und transportablen Hütten. Über ein Gerüst aus Ästen werden Tierhäute und Grasmatten gebunden. Während der Vater mit aller Kraft das Gerüst gegen den Sturm festhielt, rief er seinen durchnässten und zitternden Kindern zu: „Lasst uns beten! Dass der Sturm nachlässt und der Regen auch. Aber nicht ganz, denn wir brauchen ihn dringend!“
Die wichtigsten Antworten zu unserer Nothilfe
Wir alle haben noch die furchtbaren Bilder von 1984 im Gedächtnis: Zu Skeletten abgemagerte Menschen, die das Bild vom „Hungerland Äthiopien“ zementierten. Ist die Situation bereits ähnlich schlimm? Zum Glück nicht! Die Regierung hat in Kooperation mit internationalen Hilfsorganisationen ein Frühwarnsystem eingerichtet und verteilt Lebensmittel. Ohne diese Hilfe, zu der auch Menschen für Menschen Schweiz beiträgt, wären die Bilder ähnlich wie vor 32 Jahren.
Gibt es bereits Hungertote? Laut Angaben der Behörden konnten Todesfälle bislang dank der Hilfsanstrengungen verhindert werden. Wie dringend diese sind, zeigt ein Besuch im Gesundheitszentrum des Landkreises Mille. Dort wurden im Januar 40 Kinder wegen schwerer Unterernährung behandelt. Insgesamt zeigt im Landkreis ein Viertel aller Kinder Anzeichen von Unterernährung.
Was tut die Menschen für Menschen Schweiz konkret? Wir konzentrieren uns darauf, den Schwächsten im besonders betroffenen Landkreis Mille zu helfen – den Kindern unter fünf Jahren. Alle bedürftigen Kinder bekommen von uns eine monatliche Ration von einem halben Liter Speiseöl und viereinhalb Kilogramm einer gehaltvollen Spezialnahrung aus Soja und Getreide, um sie über die Dürre zu bringen.
Was kostet die Hilfe eigentlich? Die Gesamtkosten der zunächst auf vier Monate geplanten Nahrungsmittel-Verteilung belaufen sich pro Kind auf lediglich 25 Franken – mehr kostet es nicht, um die Gesundheit und das Leben eines Kindes zu retten.
Der Vater der Familie mit einem der Schafe, das überlebt hat.
Doch im Morgengrauen zeigte sich, dass der Regen nicht die Hoffnung auf Leben, sondern noch mehr Not gebracht hatte. Als Eltern und Kinder aus der Hütte traten, sahen sie im Pferch einen Haufen toter Ziegen. Die Tiere hatten panisch versucht, gegen die herabstürzenden Wassermassen Schutz zu finden, indem sie übereinander kletterten. Einige waren wohl erstickt, andere verendeten durch Erschöpfung und Auskühlung. Einige Tiere lebten noch, sie zitterten genauso wie die Kinder.
Dank der Glut, die Fatuma in einem mit Lehm ausgekleideten Erdloch über die Nacht rettete, konnten sich die Kinder an einem Feuer wärmen. Der Vater beeilte sich, die zahlreichen Kadaver in den reissenden Strom zu schleudern, der aufgrund der Wassermassen des Sturms plötzlich durch das nahe Flusstal Richtung Wüste schoss, um zu verhindern, dass sie in der drückenden Hitze zu einer Gesundheitsgefahr für seine Familie würden. Denn er ahnte, was kommen sollte: Eineinhalb Tage später war der Fluss wieder versiegt, das Tal so ausgetrocknet wie zuvor. Zwar lugten nun überall lang ersehnte Grasspitzen aus dem Boden. Doch weil kein weiterer Regen folgte, versengte die Sonne das zarte Grün. Nach fünf Tagen war der Boden so grau und nackt wie zuvor.
Die Afars backen das Brot traditionell im Boden
Der durch den Einfluss des Menschen beschleunigte Klimawandel ist für Europa eine abstrakte Gefahr. Doch am Horn von Afrika erfahren ihn die Nomaden bereits am eigenen Leib. Die Perioden der Trockenheit werden länger, die Unwetter heftiger und häufiger. Offenbar mehrt der Klimawandel die extremen Wetterlagen, die in diesem Jahr durch das El Niño-Phänomen noch verstärkt werden. Von einer stattlichen Herde von 190 Ziegen sind der Familie sechs Tiere geblieben. Der Vater hält sie mit Getreidekörnern am Leben. „Das wenige, was wir haben, müssen jetzt Mensch und Tier teilen“, erklärt er. „Nur wenn wir die letzten Ziegen durch die Dürre bringen, haben wir eine Chance, wieder eine Herde aufbauen zu können.“
Der Vater setzt seine ganze Hoffnung darauf, dass die nächsten saisonalen Regen, die gewöhnlich im März und April fallen, nicht erneut ausbleiben. Aber wie die Zeit bis dahin überbrücken? „Weil das Vieh tot ist, können wir den Kindern keine Milch mehr geben“, sagt Fatuma. „Und wir haben kein Geld, um Getreide zu kaufen.“ Zwar verteilen die lokalen Behörden Mais. „Doch wir haben bislang erst 15 Kilogramm pro Monat bekommen – viel zu wenig.“ Deshalb gibt es in der Familie nur noch zweimal am Tag zu essen. Entweder Getreidebrei oder Brotfladen, die in einem mit flachen Steinen ausgekleideten Erdloch gebacken werden. „Es ist immer zu wenig, die Kinder verlieren an Gewicht“, sagt Fatuma. „Ich muss mit ansehen, wie sie dünner werden.“
Die Dürre trifft die kleinsten Kinder am härtesten. Sie leiden nicht nur akut unter Hungergefühl, sondern ihnen drohen auch langfristige Entwicklungs- und Gesundheitsschäden durch den Nahrungsmangel. Insgesamt sind laut Angaben der äthiopischen Behörden im Landkreis Mille ein Viertel aller Kinder unter fünf Jahren dringend auf Lebensmittelhilfe angewiesen. Rund 1000 Kinder sind bereits schwer unterernährt.
Um akutes Leid und Folgeschäden für die Entwicklung dieser Kinder zu vermeiden, hat Menschen für Menschen Schweiz jetzt ein Nothilfe-Programm gestartet. Insgesamt 4300 Kinder unter fünf Jahren bekommen jeden Monat viereinhalb Kilogramm Famix, eine gehaltvolle Zusatznahrung aus Soja und Getreide, dazu einen halben Liter Speiseöl, um sie ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen.
Mit ihren jüngsten Kindern, der dreijährigen Raruba und dem vierjährigen Hamedu, wandert Fatuma zur Ausgabestelle von Menschen für Menschen Schweiz, eine Wellblechhütte mitten in der Savanne. Fatuma war nie in einer Schule, so wenig wie die anderen Nomadinnen. Die Mütter signieren deshalb den Empfang der Rationen für ihre Kinder mit einem Fingerabdruck auf der Empfängerliste. Mit einem leisen Lächeln macht sich Fatuma mit den empfangenen Lebensmitteln auf den Heimweg: „Jetzt werde ich nicht mehr Nein sagen müssen, wenn die Kinder mich um Essen bitten.“
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