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Eine Familie für Waisenjunge Ephrem

Die Witwe Zelekash Tefera nahm vor sieben Jahren einen Waisenjungen aus dem Kinderheim von Menschen für Menschen Schweiz auf. Heute ist Ephrem Mengescha ein erfolgreicher junger Mann, der es im Leben noch weit bringen wird.

„Niemals!“, sagt Zelekash Tefera und schüttelt den Kopf. „Niemals habe ich bereut, Ephrem aufgenommen zu haben!“ Vier Töchter hat die Witwe, doch der Wunsch nach einem Sohn war ihr verwehrt geblieben. Deshalb entschied sie sich schnell, als die Sozialarbeiterin des Abebech Gobena Kinderheims sie fragte, ob sie einen Waisenjungen aufnehmen wolle: Ephrem Mengescha kam als Elfjähriger in ihr kleines Haus in Burayu, einem ärmlichen Vorort von Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens.

Waisenjunge Ephrem

Waisenjunge Ephrem mit seiner Pflegemutter

Im Abebech Gobena Kinderheim, dessen Betrieb Menschen für Menschen Schweiz als Hauptpartner ermöglicht, leben derzeit 38 Waisen. Viele von ihnen wurden in Kirchen oder auf Plätzen von ihren Müttern ausgesetzt, die in ihrer Verzweiflung aufgrund extremer Armut und Krankheiten wie Aids offenbar keinen anderen Ausweg sahen.

Nach einer behüteten Kindheit sollen die Waisen das Heim mit elf oder zwölf Jahren möglichst verlassen, um in einer Pflegefamilie erwachsen zu werden. Das Heim ist ein beschützter Ort, doch es spiegle die häufig harte Lebenswirklichkeit in Äthiopien nicht wider, erklärt Wenschet Damtew, Sozialarbeiterin im Kinderheim. „Soziales Verhalten und gesellschaftliche Normen lernen die Kinder besser in Familien in den Stadtvierteln. Dort werden sie trotz unserer guten Betreuungs- und Lernangebote im Heim tendenziell lebenstüchtiger.“ Wenschet Damtew spricht gut beleumundete Witwen und Ehepaare an, ob sie ein Kind in Pflege nehmen wollen. Die Pflegeeltern bekommen eine kleine finanzielle Unterstützung für Essen und Kleidung der aufgenommenen Jugendlichen.

Verglichen mit dem Grossteil der Menschen in Äthiopien lebt Zelekash Tefera wohlhabend. Es gibt Sessel und eine geschreinerte Vitrine in ihrem Haus. „Die Möbel habe ich meinen Töchtern im Ausland zu verdanken“, erklärt die 55-Jährige. „Sie unterstützen mich.“ Zwei Töchter verdingten sich als Hausmädchen in Arabien. Eine weitere Tochter hatte sich schon vor zehn Jahren auf die gefährliche Route über Libyen und das Mittelmeer gemacht und arbeitet jetzt als Hilfsschwester in einem Krankenhaus in Rom. Doch seit nur noch die jüngste Tochter im Haus und ihr Mann gestorben ist, sei es ihr zu ruhig geworden: „Ich wollte wieder eine Aufgabe. Und ich wollte auf meine alten Jahre einen Sohn und einen Bruder für meine Töchter.“ Dabei ist es in Äthiopien ungewöhnlich, nicht blutsverwandte Kinder in die Familie aufzunehmen. „Ich hatte einfach Mitleid mit dem Jungen und wollte etwas Gutes tun“, sagt Zelekash. „Ich habe ihm vom ersten Tag an die gleiche Liebe gegeben wie meinen leiblichen Kindern.“

„Am Anfang war es nicht leicht.“, erinnert sich Ephrem. „Ich vermisste die anderen Kinder aus dem Heim. Aber bald fühlte ich mich im Haus wohl.“ Zelekash sei immer mehr als eine Betreuerin für ihn gewesen: „Ich empfinde sie als meine richtige Mutter. Und sie sieht mich als echten Sohn.“

Das sei ihr leicht gefallen, denn Ephrem sei ein sehr liebenswerter Mensch, betont die Pflegemutter: „Er ist sozial, er hilft mir und seinen Schwestern, wo er kann. Im ganzen Viertel ist er beliebt, weil er allen Menschen mit Respekt begegnet.“

Diese Eigenschaften helfen ihm auch auf seinem Berufsweg. Unterstützt von Menschen für Menschen und dem Kinderheim hat er eine Ausbildung als Installateur gefunden und bereits abgeschlossen. Er arbeitet nun als Facharbeiter in einer Fabrik für Verpackungen und hält dort die Rohrleitungen instand. „Nebenher lerne ich von Elektrikern unter den Kollegen viel über deren Fachbereich“, sagt Ephrem. Die Arbeit sei nicht immer leicht aufgrund der Hitze in der Nähe der Maschinen und den vielen Nachtschichten. „Doch ich beklage mich nicht, denn ich kann Geld ansparen“, sagt Ephrem. Er hat das Ziel, sich in einigen Jahren selbständig zu machen und einen eigenen Installateur-Betrieb aufzubauen: „Arbeit gibt es genug für gute Leute: In Addis Abeba werden sehr viele Wohnungen und Büros gebaut. Ich bin dankbar dafür, dass mein Leben so glücklich verläuft.“

 

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