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Traditionelle Malerei in Äthiopien

Bilder aus einer anderen Welt

Äthiopien ist bekannt für seine Malerei, die den Betrachter schnell gefangen nimmt und ihn in eine andere Welt entführt. Diese ganz eigentümliche Kunstform hat eine lange Tradition und ist eng mit der bewegten Geschichte des Landes verknüpft.

Religiöse Frau in äthiopisch-orthodoxer Kirche

Traditionelle Kunst hat einen religiösen Bezug

Die Verbreitung der Malerei ging in Äthiopien Hand in Hand mit der Christianisierung. Diese dauerte dort etwa von 350 bis 450 n.Chr. – dann war im damaligen Reich von Aksum die Missionierung des äthiopischen Volkes weitgehend abgeschlossen. Seither ist Äthiopien das einzige orthodox-christliche Land Afrikas; die äthiopische Kirche bestimmt bis heute das Leben von rund 44 Prozent der Bevölkerung.

Aus jenen frühen Tagen sind vorwiegend religiöse Motive – zum Teil Ikonen – erhalten, die in leuchtenden Farben Szenen aus dem Leben Heiliger darstellen. Dabei war es den äthiopischen Malern wichtig, die Vorlagen möglichst naturgetreu wiederzugeben. Erst ab dem 15. Jahrhundert wurden ganz allmählich Einflüsse der europäischen Kunst sichtbar und vereinzelt arbeiteten auch europäische Künstler in Äthiopien. Mitte des 16. Jahrhunderts kamen Jesuiten ins Land und damit war Äthiopien für Europa keine «terra incognita» mehr.

Die äthiopische Malerei nahm von Anfang an Elemente aus dem umliegenden islamischen Raum sowie aus Indien und dem fernen Osten auf und äthiopisierte die fremden Einflüsse: Man passte sie dem eigenen Stilempfinden an. Äthiopien hat eine große Tradition im Bereich der alten Wand-,Tafel- und Buchmalerei, die sich neben sakralen Motiven auch historischen Begebenheiten und dem Alltag widmet. Anders als in der europäischen Tradition sind Kunst und Volkskunst eng miteinander verwoben, da die Künstler ihrer Lebensumwelt, ihren Traditionen und Haltungen sehr stark verhaftet sind.

Gemalt wird auf Baumwoll- und Leinenstoffen sowie auf Tierhaut, seltener auf Papier. Gezeichnet wird traditionell mit Holzkohle. Früher stellte der Maler seine Pinsel und Farben selbst her; heute werden auch importierte Farben verwendet. Lediglich Indigo-Blau wurde immer importiert.

Früher lernten und arbeiteten die Künstler fast ausschließlich in Klöstern. Erst seit etwa 100 Jahren gibt es unabhängige Maler aus allen Berufsgruppen. Der äthiopische Maler sieht sich eher als Handwerker und Schildermaler, denn als Künstler, selbst wenn er überaus begabt ist. Berufskünstler im europäischen Sinn sind eine Entwicklung der modernen Zeit.

Von aussen wirkt die Debre Birhan Selassie Kirche in Gonder unscheinbar …

… doch innen ist sie mit Malereien reich verziert: Immer wieder entdeckt man neue Details

Ein beliebtes Motiv: der heilige Georg

Gut behütet: Engel über Engel an der Decke

Grosse Augen sind typisch für äthiopische Ikonen

Ein Juwel der religiös geprägten Malkunst ist die Debre Birhan Selassie Kirche in Gonder:  Die Wände dieses UNESCO-Weltkulturerbes sind übersät mit biblischen Szenen, vor allem aus dem Leben von Jesus Christus und Maria. Wie häufig in Äthiopien gibt es auch Darstellungen von Heiligen, etwa von Drachentöter Georg. Selbst an der Holzdecke wäre kein Platz mehr frei für weitere Malereien: 123 geflügelte Engel blicken auf die Besucher herab – alle mit grossen Augen, die für die äthiopische Malerei so typisch sind.

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