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Internationaler Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung am 6. Februar:

Menschen für Menschen setzt sich weiter gegen Beschneidung ein

Bedrückte Frau in Äthiopien

In Äthiopien leiden Frauen noch immer unter schädlichen Traditionen.

Immer noch ist die weibliche Genitalverstümmelung in Äthiopien weit verbreitet. Am 6. Februar wird mit einem Welttag auf diesen furchtbaren Brauch aufmerksam gemacht – und damit auf das Leid von Millionen Mädchen und Frauen.

Als eine der ersten Hilfsorganisationen setzte sich Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe bereits vor mehr als 20 Jahren gegen die weibliche Genitalverstümmelung ein. 1991 hatte Menschen für Menschen Gründer Karlheinz Böhm selbst erlebt, wie die neunjährige Safia an den Folgen einer Beschneidung starb. Wundinfektionen, erhöhte Müttersterblichkeit und die traumatischen Erlebnisse des Eingriffs sind nur einige der Folgen, mit denen Frauen dann ein Leben lang zu kämpfen haben. Menschen für Menschen startete deshalb schon damals eine grossangelegte Aufklärungskampagne in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung und Religionsführern. In den damaligen Projektgebieten konnte das Ritual weitgehend abgeschafft werden.

Die ersten Schritte sind getan, vieles bleibt zu tun

Weibliche Beschneidung in Äthiopien geht zurück.

Seit 2007 ist die Frauenbeschneidung in Äthiopien offiziell verboten und unter Strafe gestellt. Das Verbot zeigt mittlerweile Wirkung. So ist der Anteil der Frauen zwischen 15 und 49, die dieses schreckliche Ritual erleiden mussten, von 75 Prozent im Jahr 2005 auf knapp 65 Prozent im Jahr 2016 gesunken. In der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen ist der Rückgang auf 47% noch grösser- das deutet darauf hin, dass die Praxis insgesamt auf dem Rückzug ist. Dennoch müssen weiter grosse Anstrengungen unternommen werden, um die Praxis endlich ganz zu beenden. Die Regierung hat im August 2019 einen Fünfjahresplan vorgestellt, mit dem Kinderheirat und Beschneidung bekämpft werden. Dafür wurden 95 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt.

Seit 2007 übernahm die Regierung einen Grossteil der Aufklärungsarbeit in diesem Bereich. Bis vor kurzem durften NGOs sich nur minimal daran beteiligen. In den Projekten von Menschen für Menschen fliesst die Thematik im Bereich der «Harmful Traditional Practices» («Schädliche Traditionen») ein. In Schulclubs werden junge Schülerinnen und Schüler über schädliche Traditionen wie Kinderheiraten, die Benachteiligung von Mädchen – und eben weibliche Genitalverstümmelung – aufgeklärt. In der Grossstadt Debre Berhan wurden zudem Radiospots geschaltet, die die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren sollen.

Mädchenschulclub

Mädchenschulclub in Debre Berhan.

Der lange Weg zur Gleichberechtigung

In den vergangenen Jahren und vor allem seit dem Amtsantritt von Premierminister Abiy Ahmed im April 2018 hat sich die Stellung der Frau zumindest auf dem Papier verbessert. Abiy Ahmed hat die Hälfte seiner Ministerposten und weitere wichtige Positionen in seiner Regierung mit Frauen besetzt. Dennoch ist es noch ein langer Weg, bis die Frauen in Äthiopien gleichgestellt sind. Die schädlichen Traditionen wie Frauenbeschneidung und Frühheirat sind die offensichtlichsten Beispiele der immer noch verbreiteten Ungerechtigkeit. Auch im gesellschaftlichen Alltag, auf dem Arbeitsmarkt und im Bereich Bildung sind Mädchen und Frauen nach wie vor stark benachteiligt.

Menschen für Menschen setzt deshalb in allen Projekten einen speziellen Fokus auf Frauenförderung. Dank des Berufsbildungsprogramms in Addis Abeba erhalten junge Frauen eine Ausbildung und können so eine Arbeitsstelle mit geregeltem Einkommen finden. In Debre Berhan bekommen Mütter Mikrokredite, um sich selbständig zu machen. In den ländlichen Distrikten Abaya und Gelana unterstützt die Stiftung Genossenschaften. Eine der Bedingungen für die Unterstützung ist, dass Frauen Teil des Führungsgremiums sind. Gerade in ländlichen Gebieten ist dies keine Selbstverständlichkeit.

Diese Massnahmen ermöglichen den einzelnen Frauen, sich eine bessere Stellung in der Gesellschaft zu erarbeiten. Sie setzen damit auch ein Zeichen für junge Mädchen, dass sie nicht in den traditionellen Zwängen gefangen sind, sondern sich wehren und einen eigenen Weg gehen können. Für Karlheinz Böhm war die Gleichberechtigung ein zentraler Faktor für die Armutsbekämpfung: «Nur wenn wir die soziale Stellung der Frauen verbessern, wird Äthiopien dauerhaft die Armut überwinden können.»

 

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