Die Stiftung Menschen für Menschen Schweiz macht es sich zur Aufgabe, auf dem Land wie in den Städten Verelend- ung aufzuhalten und Lebenschancen aufzubauen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Sie die Menschen in Äthiopien unterstützen können. Hier finden Sie alle Spendenmöglichkeiten mit konkreten Beispielen.
Wiege der Menschheit, Herkunftsland des Kaffees, reiche Kultur und arme Familien. Über 100 Millionen Menschen leben hier: Auf Besuch in einem widersprüchlichen Land.
Die ärmsten Familien leiden am meisten in der Corona-Zeit: Die Eltern finden keine Arbeit mehr. Auch Fantanesh Worku und ihre beiden Kinder sind dringend auf Überlebenspakete angewiesen. Trotzdem gibt es dank des kleinen Besu Momente des Glücks.
Besu lebt mit seiner 12-jährigen Schwester Betlehem und seiner Mutter Fantanesh auf nur 12 Quadratmetern.
DAS BÜBLEIN SCHLÄFT TIEF UND FEST, wie nur kleine Kinder schlafen. Kinder, die sich geborgen fühlen. Besu ist erst ein Jahr alt, sicher versteht er nicht, warum sich seine Schwester und seine Mutter das Gesicht mit einer Maske verhüllen, wenn sie das Haus verlassen. Aber ihre Augen sieht er ja immer und darin die Liebe, das ist das Wichtigste, gerade jetzt. Der Bub liegt eingehüllt in ein Baumwolltuch, damit ihn die Fliegen nicht plagen, auf dem Bett mit der viel zu weichen Matratze aus Schaumstoff. Das Bett nimmt den grössten Teil der Wohnung ein. Besu lebt mit seiner zwölfjährigen Schwester Bethlehem und seiner Mutter Fantanesh Worku auf zwölf Quadratmeter. Addis Abeba, die Hauptstadt von Äthiopien, liegt so hoch wie der Säntis-Gipfel in der Ostschweiz. Die Familie trennt nur eine Wand aus einem halben Millimeter Wellblech von der Nachtkälte. Für Ofen und Brennstoff ist kein Geld da. In der Wand sind Ritzen, im Dach Löcher. Wenn es regnet, tropft das Wasser aufs Bett.
Fantanesh Worku, wovon leben Sie? «Ich habe vor Corona als Wäscherin gearbeitet. Ich wusch die Kleider anderer Familien von Hand. Aber ich backte auch Brot für sie oder putzte Wohnungen. Leider ist der Lohn so gering, dass es nicht einmal für das Nötigste reicht.»
Mutter Fantanesh röstet Kaffee.
Kennen Sie Hunger? «Machen Sie einen Witz? Ich habe schon oft erlebt, dass ich kein Geld für Essen hatte.»
Was ist mit dem Vater Ihrer Kinder? «Als ich mit Besu schwanger war, hat mich mein Mann im Stich gelassen. Ich weiss nicht, wo er jetzt ist.»
Fantanesh röstet Kaffee über einem Stövchen. Sie hat auf dem Markt ein kleines Tütchen Bohnen gekauft, so dass es für eine Kanne reicht: Trotz ihrer Armut will sie ihre Gäste vom NAGAYA MAGAZIN so bewirten, wie es Sitte ist in Äthiopien: mit einer frisch gebrühten Tasse Kaffee. Der Röstduft übertönt den üblen Geruch, der durch die offene Tür dringt. Die Wellblechhütte liegt direkt an einem Abwasserkanal. Eine andere Wohnung kann sich Fantanesh nicht leisten.
Weil Fantanesh zu den ärmsten Müttern im Slum gehört, hat Menschen für Menschen sie schon vor der Corona-Zeit in ein Ernährungsprogramm aufgenommen: Der kleine Besu bekam regelmässig Famix, eine proteinreiche Getreidemischung. Fantanesh wurde als eine von 150 Müttern in gesunder Ernährung unterrichtet. Die Mütter lernten, dass sie ihren Kindern nicht nur Mais geben dürfen, sondern die Kost mit Hülsenfrüchten und Gemüse ergänzen sollten. So will die Stiftung verhindern, dass die ärmsten Kinder an chronischem Mangel leiden und in ihrer geistigen und körperlichen Entwicklung zurückbleiben. Doch in der Corona- Krise reicht diese Hilfe nicht mehr aus.
Ernährungskontrolle, Mietzuschuss und Lebensmittel: So hilft Menschen für Menschen.
Hat die Corona-Zeit Ihr Leben verschlimmert? «Ich habe keine Worte, wie sehr! Die Familien wollen nicht, dass ich für sie die Wäsche wasche. Auch andere Jobs bekomme ich nicht mehr. Die Menschen haben Angst, sich anzustecken.»
Was tun Sie? «Ich gehe von Haus zu Haus, frage nach Arbeit. Ich habe versucht, Geld zu leihen von meinen bisherigen Auftraggebern mit dem Versprechen, es nach Corona zurückzuzahlen. Nur einige wenige gaben mir kleine Beträge. Nicht als Kredit, sondern als Geschenk.»
Haben Sie keine anderen Möglichkeiten? «Mit dem erhaltenen Geld habe ich dünne Kerzen aus Bienenwachs erworben, wie Gläubige sie beim Kirchgang anzünden. Die Kerzen versuche ich vor der Kirche zu verkaufen. Ich hatte auch angefangen, vor der Kirche zu betteln. Dann jagte mich manchmal die Polizei davon.»
Als Fantanesh erzählt, schaut Bethlehem ihre Mutter erschrocken an: Bislang hatte Fantanesh vor dem zwölfjährigen Mädchen verheimlicht, dass sie zu betteln versuchte. Die Sechstklässlerin ist ein zurückhaltendes Mädchen, sehr fleissig in der Schule. «Ich würde gerne Ärztin werden», sagt Bethlehem. Doch die Schule ist seit März geschlossen. «Ich vermisse meine Freunde sehr.» Die Tage vergehen damit, dass sie ihrer Mutter bei der Hausarbeit und beim Betreuen des Buben hilft. Auch versucht sie zu lernen, aber das ist schwer, so ganz auf sich allein gestellt. Die Regierung lässt Unterrichtssendungen produzieren und im TV ausstrahlen. Aber das alte Gebrauchtgerät in der Wohnung funktioniert nicht – wie sollte die Mutter es reparieren lassen können, wenn das Geld nicht einmal für Essen und Miete reicht?
Fantanesh findet aufgrund von Corona keine Arbeit mehr. Die Lebensmittel-Nothilfe bewahrt ihre Familie vor Nahrungsmangel und Hunger.
Für solche ärmsten Familien, die von der Corona-Krise am härtesten getroffen sind, hat Menschen für Menschen nun die bisherige Lebensmittelhilfe für stillende Mütter und Kleinkinder erweitert.
Auch Fantanesh Worku erhält nun monatliche Überlebenspakete. Diese Nothilfe besteht aus Weizenmehl, Famix (proteinreiche Spezialnahrung für Kleinkinder), Teigwaren, Speiseöl und Seifen für die Hygiene. Ausserdem wird auch ein Mietzuschuss in Bargeld an die meist alleinerziehenden Frauen ausgegeben.
Ist das Nothilfe-Paket ausreichend? «Das Paket macht mich ruhiger. Wenn ich es gut einteile, dann reicht es für einen Monat. Aber wenn die Corona-Situation sich noch lange so fortsetzt, dann verliere ich meine Hoffnung.»
Fantanesh zerkleinert den gerösteten Kaffee mit einem Stössel in einem Mörser. Auf dem Bett regt sich etwas unter dem Baumwolltuch. Besu ist aufgewacht. Bethlehem kümmert sich um den kleinen Bruder. Der Bub strahlt die Schwester an. Es ist das sonnigste Lächeln der Welt. Bethlehem lächelt zurück und auch der Blick der Mutter wird weich: Noch gibt es Freude und Hoffnung im Slum von Addis Abeba.
Bildstrecke ansehen
© 2022 Menschen für Menschen