Die Stiftung Menschen für Menschen Schweiz macht es sich zur Aufgabe, auf dem Land wie in den Städten Verelend- ung aufzuhalten und Lebenschancen aufzubauen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Sie die Menschen in Äthiopien unterstützen können. Hier finden Sie alle Spendenmöglichkeiten mit konkreten Beispielen.
Wiege der Menschheit, Herkunftsland des Kaffees, reiche Kultur und arme Familien. Über 100 Millionen Menschen leben hier: Auf Besuch in einem widersprüchlichen Land.
Oft braucht es nur relativ kleine Starthilfen, um eine nachhaltige Entwicklung anzustossen. Wie vielfältig und individuell diese sein können, darüber berichtet Kelsang Kone, Geschäftsführer von Menschen für Menschen.
Herr Kone, Sie sind als Sohn politischer Flüchtlinge aus Tibet in Horgen aufgewachsen, als Schweizer mit kulturellen Wurzeln im Himalaya. Hilft Ihnen Ihre interkulturelle Kompetenz in Äthiopien?
Ganz bestimmt. Tibet wird «das Dach der Welt» genannt, Äthiopien «das Dach Afrikas». In beiden Ländern sind Natur und Landschaft gewaltig, vielleicht trägt das zum grossen Respekt vor der Schöpfung bei. Im christlichen Äthiopien wie im buddhistischen Himalaya ist die Spiritualität der Menschen selbstverständlicher Teil des privaten und öffentlichen Lebens. Gastfreundschaft wird gross geschrieben und viele Menschen wirken glücklich, auch ohne den Besitz materieller Güter. Ich fühle mich in Äthiopien den Menschen nahe, finde leicht einen Draht zu ihnen.
Kelsang Kone: „Es gibt viel Potential für Fortschritt und Entwicklung, aber überall fehlt es an den Budgets.“
Sie arbeiten seit zwölf Jahren für Menschen für Menschen, davon einige Jahre direkt mit Karlheinz Böhm. Hat sich die Arbeit in Äthiopien in diesen Jahren verändert?
Die Vision von Karlheinz Böhm verfolgen wir unverändert: Wir wollen den Ärmsten der Armen eine Hand reichen, damit sie sich aufrappeln können. Ziel aller Massnahmen ist es, dass sie uns mittelfristig nicht mehr brauchen und sich aus eigener Kraft ein menschenwürdiges Leben aufbauen. Doch wir haben den Fokus erweitert.
Inwiefern?
Als Karlheinz Böhm seine Arbeit begann, fand sich die grösste Not in übervölkerten Dörfern. Inzwischen hat die Landflucht dazu geführt, dass in den Städten die Elendsviertel wuchsen. Wenn wir wirklich die Ärmsten der Armen erreichen wollen, müssen wir überall hingehen, wo sie sind, also gerade auch in die Slums.
Wie können Sie sicher sein, wirklich die Ärmsten zu erreichen?
Wir arbeiten nicht allein, sondern mit einheimischen Mitarbeitern und Partnerorganisationen. Deren Landwirtschaftsexperten und Sozialarbeiter kommen meist selbst aus einfachsten Verhältnissen. Sie sind auf Augenhöhe mit Bedürftigen wie auch mit öffentlichen Stellen. In unserem Slum-Projekt in Debre Berhan beispielsweise erfolgte die Auswahl der 1000 ärmsten Kinder der Stadt in enger und sorgfältiger Abstimmung mit Nachbarschaftsgruppen und der Kommunalbehörde.
Warum können die Äthiopier die Missstände nicht allein abstellen?
Es ist natürlich eine Frage der Mittel. Es gibt viel Potential für Fortschritt und Entwicklung, aber überall fehlt es an den Budgets. Die Staatsausgaben in der Schweiz sind 17 Mal so gross wie in Äthiopien. Dabei leben in Äthiopien 13 Mal so viele Menschen wie in der Schweiz. Der Staatsetat liegt in der Schweiz bei rund 27’000 Franken pro Einwohner und Jahr. In Äthiopien kann die öffentliche Hand gerade mal 125 Franken pro Einwohner ausgeben. Aber gerade in dieser Mangelwirtschaft ist es erstaunlich, welch grosse Effekte ein relativ geringer Einsatz bringen kann.
Können Sie ein Beispiel geben?
Im Dorf Gangua im Bezirk Abaya haben wir eine einfache Halle errichtet, für umgerechnet 23’000 Franken. Nur deshalb kann die ortsansässige Kooperative die Kaffeeernte nun ohne Qualitätsverlust lagern und zu einem guten Preis verkaufen. Der Erlös steigerte sich von 140’000 Franken jährlich auf rund 400’000 Franken– Geld, von dem Hunderte von Familien profitieren. Es braucht beides: Investitionen in Infrastruktur und in den einzelnen Menschen.
Das funktioniert vor allem durch Bildung?
Ja, «ohne Bildung keine Entwicklung», sagte Karlheinz Böhm. Ob schulische oder berufsbildende Massnahmen: Sie kommen mit relativ kleinen Mitteln aus und schaffen für die konkreten Empfänger doch grosse Lebenschancen. Ein Beispiel: In den Slums von Addis Abeba sind viele Kinder so arm, dass ihre Eltern ihnen keinen Lunch in die Ganztagesschule mitgeben können. Wer Hunger hat, kann sich nicht konzentrieren: Der Schulerfolg der Kinder ist gefährdet. Für lediglich 18 Franken im Monat können wir ihnen ein einfaches Mittagessen servieren und diesen ungerechten Nachteil ausgleichen.
Sie sind auch für das Fundraising in der Schweiz verantwortlich. Eine leichte Aufgabe?
Wir müssen damit umgehen, dass Afrika in den Nachrichten-Schatten zu geraten droht. Ein Beispiel: Vor zwei Jahren kam es in Addis Abeba zu einem Unglück. Mindestens 113 Männer, Frauen und Kinder verloren ihr Leben, als eine Abfalldeponie ins Rutschen geriet. Viele Familien hatten ihre Hütten an die Hänge der Deponie gebaut, weil es woanders keinen Platz für sie gab. Eine Lawine aus Abfall begrub sie unter sich. Doch die Schweizer Medien berichteten kaum von dieser Katastrophe: Es gibt bei uns die Tendenz der Nabelschau.
Wie reagieren Sie?
Wir machen in unserer Kommunikation klar, dass Afrika nur scheinbar weit entfernt ist. Dass in den Zeiten der Globalisierung die reiche Schweiz keine Insel sein kann. Die nicht gelösten Probleme Afrikas kommen zu uns, etwa in Form illegaler Migranten. Und wir zeigen in unserer Spendenwerbung immer wieder den Bedarf und wie unsere Hilfe wirkt. Das funktioniert vor allem auch über die genaue Dokumentation von Einzelschicksalen. Denn hinter jeder Zahl in der Armutsstatistik steht ein konkreter Mensch.
Was beeindruckt Sie auf Ihren Monitoring-Reisen am meisten?
Genau solche Begegnungen mit einzelnen Menschen. Um nur eine zu nennen: In den Slums von Debre Berhan trafen wir auf zwei Schwestern, 13 und 9 Jahre alt. Jahrelang wurden sie aufgrund eines Pilzes an den Fingernägeln von den anderen Kindern ausgegrenzt, waren sozial isoliert. Eine unglückliche Kindheit – nur weil ihre Mutter zu arm war, um Tabletten gegen den Pilz kaufen zu können! Ich bin selbst Vater einer Tochter: Solche Schicksale brechen einem fast das Herz. Zum Glück sind die beiden Mädchen jetzt dank unserer Medikamente geheilt und glücklich. Es ist leicht zu helfen: Diese Erkenntnis ist für mich und sicherlich auch für unsere Spender Ansporn und Bestätigung.
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