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Junges Äthiopien braucht Arbeit

Kelsang Kone

Liebe Leserin, lieber Leser

In Äthiopien wollen Millionen junge Leute, was für uns selbstverständlich ist: Ausbildung, Arbeit, ein Leben aufbauen. Doch sie treffen auf hohe Hürden.

  • Bildungsmängel: Fast die Hälfte der Menschen über 15 Jahren können nicht auf angemessenem Niveau lesen und schreiben.
  • Fehlende Infrastruktur: Nur 47 Prozent der Bevölkerung hat Strom.
  • Fehlende Industrie: 80 Prozent der Einwohner leben als Kleinbauern in Dörfern, wo fast alle Menschen vom Bearbeiten kleiner Felder zum eigenen Verbrauch leben.
  • Keine Kaufkraft: Kleinbauern bekommen kaum Geld in die Hände. Ein typischer Tageslohn liegt bei einem Franken. Das lähmt die Nachfrage und die Gründung von Handwerks- und anderen Firmen, die Mitarbeiter beschäftigten könnten.
  • Mangel an Krediten: Wer ein Unternehmen gründen will, braucht am Anfang meist fremdes Geld. Die Landbevölkerung hat aber keine Sicherheiten
    zu bieten und bekommt bei den Banken selten Darlehen.

Trotz dieser Umstände schaffen wir Perspektiven: mit Schulungen, Mikrokrediten, dem Aufbau von Spargruppen und Genossenschaften. Denn jeder junge Mensch sollte die Chance haben, sich eine Zukunft zu erarbeiten.

Ihr Kelsang Kone,
Geschäftsführer Menschen für Menschen


Wo die Menschen arbeiten


Hochentwickelte Länder zeichnen sich durch besonders viele Stellen in Industrie und im Dienstleistungssektor aus. Äthiopien steht mit schlecht bezahlter Arbeit in der Landwirtschaft ganz am Anfang der Entwicklung. Nur zehn Prozent der jungen Leute in Äthiopien haben eine Lohnarbeit im formalen Sektor. Die allermeisten Äthiopier arbeiten im informellen Sektor, also in Arbeitsverhältnissen, die nicht staatlich registriert und kontrolliert sind. Auf dem Land sind nur 2 Prozent der Menschen in formalen Arbeitsverhältnissen. 98 Prozent schlagen sich dagegen als Tagelöhner, Kleinbauern und Kleinhändler durch. In der Stadt sind 63 Prozent der Menschen informell beschäftigt.

Junge, Junge …

Rund 60 Millionen Äthiopier sind jünger als 25.

Die jungen Leute nach der Schule und Universität in Arbeit und Brot zu bringen, ist eines der grössten Probleme Äthiopiens. Die Frustration junger Leute, die keine Stellen finden, treibt gesellschaftliche und politische Instabilität an.


Duchschnittlicher Monatslohn in Äthiopien

Grafik:
Weil die Konkurrenz am Arbeitsmarkt so gross ist, finden viele Ungelernte überhaupt keine Arbeit. Menschen für Menschen setzt auf berufliche Ausbildungen und auf Mikrokredite, die Selbständigkeit ermöglichen.


«Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt …»

Grafik: Grössenvergleich mit äthiopischer und Schweizer Flagge in Bezug aufs Bruttoinlandprodukt
« … wir steigern das Bruttosozialprodukt.» So heisst es in einem Popsong. Auch Äthiopien krempelte die Ärmel hoch: Ein Jahrzehnt lang wuchs die Wirtschaft um jährlich annährend zehn Prozent, auch in der Pandemie betrug das Wachstum noch sechs Prozent. Allerdings von einem sehr niedrigen Niveau aus: Der Wert der erzeugten Güter und erbrachten Dienstleistungen pro Person beträgt in Äthiopien nur ein Hundertstel von dem in der Schweiz.

Äthiopien schaffte es bis vor der Covid-Pandemie zwar, pro Jahr 1,1 Millionen neue Jobs zu schaffen. Aber nur 60’000 davon entstanden im wichtigen verarbeitenden Gewerbe.


Icon "Doktorhut"

Über eine Million Universitätsabsolventen suchen eine Stelle.

Icon "Berufsschulabgänger"

400’000 Abgänger gewerblicher Berufsschulen hoffen auf Jobs.

Icon "Junge Leute"

Insgesamt strömen jährlich zwei Millionen junge Leute neu auf den Arbeitsmarkt.

Icon "Arbeitslosenerfassung"

Die Arbeitslosenrate liegt bei 30 Prozent – vielleicht auch höher, aber laut der staatlichen Arbeitsbeschaffungskommission gibt es «kein richtiges Registrierungsssystem».


Nicht die Bohne

Bauer hält Kaffeebohnen in den Händen

Äthiopien ist reich an Kaffee. Doch profitiert die Wirtschaft? Nicht die Bohne! 15 Millionen Bauern bauen zwar Kaffee an. Doch eine leistungsfähige Verarbeitungsindustrie, die vielen Menschen Beschäftigung geben könnte, gibt es nicht. Stattdessen muss Äthiopien sein schwarzes Gold als Rohkaffee am Weltmarkt verscherbeln. Das meiste Geld wird dann in den reichen Nationen abgeschöpft. Gerade die Schweiz hat eine führende Röstindustrie: Wir importieren pro Jahr Kaffee für 456 Millionen Dollar – und exportieren den gerösteten Kaffee für 2,36 Milliarden Dollar – also für mehr als das Fünffache.

Wussten Sie, dass Kaffee der Sage nach in der einstigen Provinz Kaffa in Äthiopien entdeckt wurde? Hier finden Sie die Geschichte dazu:

Herkunft des Kaffees