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Die Schlacht von Adua

Äthiopien war nie eine europäische Kolonie. Darauf sind die Äthiopier stolz. Jedes Jahr am 2. März gedenken sie ihres Sieges über die Italiener in der Schlacht von Adua.

Eshatu Mekuria ist Wächter an der Residenz von Menelik II auf dem Berg Entoto bei Addis Abeba.

 

Auf dem Berg Entoto, der über der Hauptstadt Addis Abeba aufragt, verrichtet Eshatu Mekuria, 75, seit 33 Jahren seinen ehrenvollen Dienst. Der alte Herr bewacht die Residenz eines Herrschers, dessen Namen in Äthiopien jedes Schulkind kennt: Menelik II., der Italien einst eine verheerende Niederlage beibrachte. „Er war ein grosser Mann“, sagt Eshetu.

 

Wir Schweizer gedenken am 1. August dem Rütlischwur, die Franzosen an ihrem Nationalfeiertag dem Sturm auf die Bastille, die Amerikaner feiern ihre Unabhängigkeitserklärung und damit ihre Freiheit. Ähnlich stolz sind auch die Äthiopier auf ihre Geschichte. Immer am 2. März feiern sie den „Tag des Sieges bei der Schlacht von Adua“.

 

Menelik II. auf seinem Pferd während der Schlacht von Adua

Menelik II. während der Schlacht von Adua. Eine zeitgenössische Darstellung im «Le Petit Journal»

Erfolgreich gegen die italienische Kolonialmacht

An diesem Tag hatte sich das Schicksal Äthiopiens entschieden. Die Italiener waren am 1. März 1896 auf dem Vormarsch nach Adua im Norden, wo der Kaiser mit seinen Getreuen wartete. Äthiopien unterjocht und eine europäische Kolonie wie der Rest des Kontinents? Nein, sagten Menelik und seine Vasallen. Die Italiener unterschätzten den Gegner, sie machten taktische Fehler, es haperte an der Kommunikation, die Armee löste sich in einzelne Verbände auf, die von den Äthiopiern teils vollständig vernichtet wurden. Während afrikanische Krieger in anderen Kämpfen mit europäischen Kolonialarmeen materiell unterlegen waren, konnten die Äthiopier auch wegen eines Schweizers den Italienern Paroli bieten. Der Ingenieur Alfred Ilg war Berater am Hofe Meneliks und liess in Addis Abeba moderne Waffen herstellen.

 

Überraschend bescheiden wirkt heute das Domizil Meneliks auf dem Berg Entoto. Der Kaiser wohnte mit Kaiserin Taitu auf 30 Quadratmeter: Wächter Eshetu schläft auf einer alten Matratze im weiss gekalkten Wohnzimmer Meneliks unter strohgedecktem Dach. Im danebenliegenden Palast empfing der Kaiser Würdenträger und Vasallen. Der Saal ist nicht grösser als das Kirchenschiff einer Dorfkirche in der Schweiz. Auf die hervorgehobene Position Meneliks verweisen vor allem die Hörner von Rindern, die in den Vorräumen in die Wände eingemauert sind: Daran konnten die Gäste Rindfleisch und andere Geschenke an den Kaiser aufhängen.

 

Direkt neben dem Palast hat ein Bauer Getreide angepflanzt, grasen Kühe. Schmächtige Frauen sammeln in den nahen Wäldern Brennholz und schleppen Lasten von 50 Kilogramm und mehr mit gekrümmten Rücken hinunter in die Stadt: Vom Stolz auf Menelik und seinem Sieg bei der Schalcht von Adua wird niemand satt; die Sorge um das tägliche Brot steht für die allermeisten Äthiopier im Vordergrund ihres schweren Alltags.

 

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